Grüne Grüße von der EZB

Die Schlagzeilen in der letzten Woche hatten es in sich:

„Europa will das Klima mit der Notenpresse retten – und der deutsche Steuerzahler haftet“ oder „Vorbereitungen für die Geldflutung neuen Typs sind weit fortgeschritten“ oder „..eine komplette Aushebung der europäischen Verträge“..steht bevor. Dies sind einige Überschriften aus Zeitungen und Internetbeiträgen.

Was ist passiert? Vielleicht hilft ein Faktencheck:

Ein Zitat von Christine Lagarde, der neuen Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), aus Ihrer Zeit als Chefin des Internationalen Währungsfonds lautet: „Wenn wir jetzt nichts gegen den Klimawandel unternehmen, werden wir in 50 Jahren getoastet, geröstet und gerillt“

Für die kommenden Monate hat Frau Lagarde folgerichtig angekündigt, die Strategie der Zentralbank grundsätzlich zu überprüfen. Neben der Fragestellung, ob das bisherige Inflationsziel von 2% heute noch angemessen ist, sagte Lagarde zu, bei dieser Überprüfung auch Nachhaltigkeitsaspekte mit einzubeziehen. Mehr erst einmal nicht.

Als Idee steht im Raum, dass Anleihekaufprogramm der EZB stärker auf „grüne Anleihen“ (Green Bonds) zu fokussieren. Das ist spannender als man als Laie denkt, denn die Idee, die dahinter steht, ist nicht weniger als eine Abkehr der Marktneutralität der EZB. Das wiederum bringt konservative Ökonomen und einige Notenbanker auf die Barrikaden. (s.o.) Warum? Emittenten von Green Bonds würden dann geringere Zinsen als die anderen Marktteilnehmer zahlen müssen; die Branche würde indirekt subventioniert. Würden Anleihen „nicht grüner Konzerne“ parallel gemieden, werden diese sich im Vergleich zur Konkurrenz dann schlechter refinanzieren können.

Unser Motto ist bekanntlich: Geld wirkt. Immer. Persönlich finde ich es hoch erfreulich, wenn die EZB die Gießkanne beim Anleihekauf in die Garage stellt. Also nicht mehr alles kauft, was der Markt bietet, sondern durch bewusste Lenkung von Geldströmen Projekte und Branchen fördert, die die dringendsten Probleme unserer Zeit angehen.

Das ist nicht teurer als die bisherige Politik, wie fälschlicherweise in der Zeitung stand oder in Podcasts zu hören war, denn ein schon bestehendes Programm wird nur in der Richtung geändert. Die Summen sind gleich! Dementsprechend ist es auch keine „Geldflut neuen Typs“, die daraus resultiert. Oder eine erhöhte Haftung der Steuerzahler. Im Gegenteil: aus Sicht der Bürger*innen wären dies effektive, aber kostenlose Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels!

Würden wir im reichen Europa unsere Geldströme bewusst lenken, könnten wir viel bewegen. Privat in der Nachhaltigen Geldanlage; warum nicht institutionell durch Steuerung der Zinsen? Meine Anerkennung, Frau Lagarde!

Die Emotionen gehen bei dem Thema „Klimawandel“ schnell hoch. Aber warum müssen bei einem Thema, bei dem eigentlich kaum jemand wirklich mitreden kann oder will   (Geldpolitik der EZB) immer gleich Behauptungen aufgestellt werden, die einfach nur falsch sind? So werden Ängste und Vorurteile geschürt, denn geldpolitisch nicht so interessierte Bürger kennen die Zusammenhänge nicht. Aber vielleicht habe ich auch nur die falschen Zeitungen gelesen.

Ihr Andreas Enke