Quartalsbericht 2/2019

Gute Ergebnisse zur Jahreshälfte!

Wir stellen zur Jahresmitte erfreut und ein wenig überrascht fest, dass die Aktien  seit Jahresbeginn erhebliche Gewinne verzeichneten. Und das, obwohl die Gewinnerwartungen der Unternehmen mittlerweile auf einem Tiefpunkt angelangt sind. Was man von der Anzahl der politisch motivierten Krisen dagegen nicht behaupten kann. 

Die Ergebnisse der ersten Jahreshälfte zählen weltweit zu den stärksten der letzten Jahrzehnte: seien es deutsche, amerikanische oder schweizer Aktien: überall sind erhebliche Zugewinne zu verzeichnen. So auch in unserem Aktienfonds, der trotz fast durchgehend aufgebauter Absicherung mit einem Plus von 9,39% die (geringen) Vorjahresverluste mehr als wieder wett machen konnte. (Hier geht es zum aktuellen Factsheet)

Respekt, wenn jemand ernsthaft behaupten kann diese Entwicklung Ende des letzten Jahres vorausgesagt zu haben. Viele dürften es nicht sein.mann-fenster

Aber wie kam es zu dieser bemerkenswerten Performance?
Es ist immer noch so, dass die Nachrichtenlage von politischen Krisen, Handelskonflikten und pessimistischen Wirtschaftsprognosen dominiert wird. Die Populisten scheinen weiter auf dem Vormarsch: kernige Thesen dominieren, wirtschaftliche Expertise oder langfristig orientierte Wirtschaftspolitik interessieren nicht. So weit, so bekannt.

Aber etwas hat sich im ersten Halbjahr 2019 fundamental geändert: es klingt komplizierter, als es ist: die Normalisierung der Geldpolitik ist (vorerst) zu Ende!

Sah es im 2. Quartal weltweit lange nach einer Kurskorrektur bei den Aktien aus, rettete den Anlegern das überraschende Versprechen der großen Notenbanken, die Zinsen bei Bedarf doch senken zu wollen und sogar die Anleihekäufe wieder aufzunehmen, in allen Bereichen der Geldanlage die Halbjahresbilanz: von den Aktien über die Renten bis zum Gold. Die Preise stiegen!

Sind das jetzt also die Zeiten, in denen Geld verdient wird, weil die Kurse in allen Bereichen auf breiter Front steigen?

So leicht ist es leider nicht.

Aus Sicht der Wirtschaftspolitik und vor allem der Erwartungen an die zukünftige Entwicklung ist das Bild nämlich immer noch wesentlich differenzierter.

Hatte die Eskalation der Handelsstreitigkeiten zwischen der USA vor allem mit China erst einmal für ein Ende der seit Jahresanfang laufenden Rally an den Aktienmärkten gesorgt, so fiel trotz der eingetrübten Stimmung der Anleger die Korrektur der Aktienkurse moderat aus. Im großen und ganzen konnten die Gewinne des ersten Quartals gehalten werden; lediglich von den Höchstständen Anfang Mai mussten wir uns verabschieden.

Die Vereinbarung beim G 20 Gipfel in Japan, die Gespräche wieder aufzunehmen, hilft natürlich und spricht ebenso für ein erneutes Umschalten in den Rally-Modus. Genauso wie die Tatsache, dass weltweit zahlreiche fiskalische Maßnahmen getroffen wurden, um das Wachstum der Wirtschaft zu unterstützen. Dabei denken wir immer zuerst an die Steuerreform in den USA aus dem vergangenen Jahr. Allerdings lässt dort die Wirkung der Steuersenkung mittlerweile deutlich nach. Was aber noch wichtiger ist: die Vereinigten Staaten sind nur noch für rund 10 Prozent des weltweiten Wirtschaftswachstums verantwortlich. Wesentlich entscheidender ist mittlerweile China, denn auf die Volksrepublik entfallen in etwa 30 Prozent des globalen Konjunkturwachstums!
Und Peking hat zuletzt vor allem mit einer Senkung der Mehrwertsteuer versucht, die heimische Wirtschaft zu stimulieren. Da Steuersenkungen aber immer vergleichsweise langsam wirken, ist durchaus damit zu rechnen, dass die chinesische Regierung wieder, wie früher üblich, auf große Infrastrukturprojekte setzt.

Kurzfristig wäre auch das für die Aktien sicherlich positiv zu bewerten.

Warum sind wir weiter vorsichtig?

Donald Trump und Xi Jinping haben in Japan nur vereinbart, zunächst keine weiteren Zölle zu erheben und die Verhandlungen wieder aufzunehmen. Das sind gute Nachrichten, aber es darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass damit fundamental überhaupt noch nichts gelöst ist.  Die Unsicherheit in der zweiten Jahreshälfte – und möglicherweise darüber hinaus – wird uns wohl erhalten bleiben.

Wir sollten auch Europa nicht vergessen: Die Unsicherheit wird auch aus den Risiken des Haushaltsstreits zwischen der EU und Italien oder den Brexit-Aussichten unter einem Premierminister Boris Johnson weiter ansteigen. Auch in der Türkei droht eine Eskalation; neben der desaströsen wirtschaftlichen Entwicklung jetzt auch auf der Ebene der Politik.

Und das alles auf einer Basis, bei der die Kursanstiege nur aufgrund der Ankündigungen der Zentralbanken getrieben wurden, die Zinsen bei Bedarf zu senken.

Die Bewertungen sind damit sehr viel anfälliger geworden.

Ausblick für die 2. Jahreshälfte

Damit könnte ein Rückschlagsrisiko in der zweiten Jahreshälfte von zwei Seiten kommen:

  1. die politischen Risiken auf einer oder mehreren Ebenen schlagen durch und die Unsicherheit dominiert wieder die Märkte. Gelegenheiten dafür gibt es genug.
  2. das Risiko kommt genau von der Seite, die bisher am meisten zur positiven Performance beigetragen hat, nämlich von den Zentralbanken.
    Bis zum Jahresende 2020 sind inzwischen vier Zinssenkungen (um jeweils 25 Basispunkte) eingepreist, der Dollar hat entsprechend abgewertet. Man kann schon skeptisch sein, ob die Fed wirklich Veranlassung hat, den Leitzins derart stark herunterzuschrauben. Sollten z.B. starke amerikanische Konjunkturdaten dafür sorgen, dass sich die Erwartung einer sehr defensiven US-Notenbank wieder verflüchtigen, könnte dies somit ein entsprechend negatives Signal an die Aktienmärkte senden. Gerade das Jahr 2018 hat uns gezeigt, wie sehr Enttäuschungen und Überraschungen die Aktienmärkte unter Druck setzen konnten.

Derzeit steigen die Kurse; wir sind zu ca. 75% investiert und stehen bereit, in beide Richtungen zu handeln:

  • werden die Erwartungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung wieder positiver und erfüllen sich die aktuellen Zinsprognosen, so werden wir in den 100%igen Investitionsmodus schalten.
  • andererseits sehen wir die Risiken und werden reagieren, wenn die negativen Szenarien drohen, wahr zu werden.

Ihr Andreas Enke